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Fachkräfte-
sicherung

Generation Qualifikation: Lösungen zur Fach­kräfte­sicherung

Der Rückgang der Geburtenraten seit den 1970ern führt zwangsläufig zu einem Verlust an Arbeitskräften im Land. Seit einigen Jahren macht sich der Fachkräftemangel immer stärker bemerkbar, immer mehr Branchen und Regionen können ihren Bedarf nicht mehr decken. Nimmt die Konjunktur wieder Fahrt auf, werden die Herausforderungen wohl noch weiter wachsen.
Digitalisierung und künstliche Intelligenz (KI) haben zwar das Potenzial, bestimmte Arbeitsprozesse zu automatisieren. Doch die neuen Technologien müssen umgesetzt, bedient und weiterentwickelt werden. Die Nachfrage nach spezialisiertem Know-how steigt. Denn die menschliche Gestaltungskraft bleibt – zumindest mittelfristig – auch bei dieser neuen Technologie noch unersetzlich.

„Unternehmen müssen daher jede Chance nutzen, um ihren Personalbedarf schnellstmöglich zu sichern. Eines der wichtigsten Ziele ist, das vorhandene Potenzial am Arbeitsmarkt zu aktivieren. Gleichzeitig kann die Akquise qualifizierter Mitarbeiter*innen aus dem Ausland dabei helfen, offene Stellen rasch zu besetzen“, betont Mira Bernhart, Geschäftsführerin der bbw gGmbH.

Mit innovativen Konzepten zur gezielten Qualifizierung und Aus- und Weiterbildung von Erwerbstätigen unterstützt das Bildungswerk der Bayerischen Wirtschaft (bbw) Unternehmen darin, gut ausgebildete Fachkräfte zu gewinnen. „Dabei legt das bbw besonderen Wert auf eine enge Zusammenarbeit mit den Betrieben und passt die Lerninhalte kontinuierlich an die aktuellen Bedürfnisse des Arbeitsmarktes an“, ergänzt Bernhart.

Teilqualifikation – Schritt für Schritt zur Fachkraft

Mit dem technologischen Fortschritt und der zunehmenden Digitalisierung wird der Fachkräftemangel immer spürbarer. Eine gute Lösung bietet hier die Teilqualifizierung (TQ), mit der sich Menschen über 25 Jahre flexibel, individuell und unkompliziert weiterbilden können. Schritt für Schritt erlangen sie berufsbegleitend ihren anerkannten Berufsabschluss und sichern sich so attraktivere Jobs.

Gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) startete 2023 das Projekt ETAPP – Teilqualifikation als Mittel zur Fachkräftesicherung und Transformationsbegleitung. Das Thema Teilqualifizierung ist mittlerweile weit über die Fachöffentlichkeit hinaus bekannt und wurde beispielsweise auch auf dem Fachkräftekongress 2024 des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) mehrfach als adäquates Mittel zur Fachkräftesicherung erwähnt. Gemeinsam mit weiteren beteiligten Fachorganisationen (Deutsche Industrie- und Handelskammer, Bundesinstitut für Berufsbildung) wurden zahlreiche Berufsbilder abgeleitet, weitere befinden sich in der Entwicklung. Zusätzlich wird weiterhin an einer Standardisierung gearbeitet. Dass der Bedarf an TQ groß und das Qualifizierungsinstrument gefragt ist, zeigen die über 40.000 Angebote zur Teilqualifizierung im Angebot der Bundesagentur für Arbeit. Als einer der großen Projektpartner bieten allein die Standorte und Akademien der bfz und faw mehr als 5.000 TQ-Programme an.

Wie funktioniert eine TQ?

Eine Teilqualifizierung setzt sich aus mehreren Bildungseinheiten zusammen, die zusammen alle Berufsbildpositionen eines Ausbildungsberufs vollständig abdecken. Die Teilnehmer*innen können die für sie passenden Module flexibel auswählen. Jede Teilqualifikation umfasst einen Theorieteil und wird durch praktischen Unterricht sowie eine betriebliche Qualifizierungsphase ergänzt. Nach bestandener Kompetenzfeststellung erhalten die neuen Fachkräfte ein bundesweit anerkanntes Zertifikat. Teilqualifizierungen werden sowohl in Präsenz als auch digital – unter dem Angebot TQdigital – durchgeführt. Mit TQ plus bieten bfz und bbw zudem Menschen mit besonderem Unterstützungsbedarf die Möglichkeit einer Teilqualifizierung mit individuellen Zusatzangeboten.
Teilqualifizierungen

Neue Wege 
in der Kinderbetreuung

Die stufenweise Qualifizierung verspricht auch in sozialen Bereichen Entlastung. Denn trotz intensiver Bemühungen verschärft sich der Fachkräftemangel beispielsweise in der Kinderbetreuung weiter. Um die hohen Qualitätsanforderungen aufrechtzuerhalten und Quereinsteiger*innen für den Bereich Kita zu gewinnen, hat das Bayerische Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales ein innovatives Konzept für die berufliche Weiterbildung entwickelt.

Das Programm beginnt mit dem Jobeinstieg an einer Kita und führt über Module zur Qualifikation als Fachkraft in bayerischen Kindertageseinrichtungen. Zielgruppe sind vor allem interessierte Quereinsteiger*innen, aber auch bereits beschäftigte Ergänzungskräfte, die sich weiterbilden möchten. Die Ausbildungseinheiten erfolgen in einzelnen Blöcken, die jeweils mit einem bayernweit anerkannten Abschluss enden. „Das hat den großen Vorteil, dass die Teilnehmer*innen bereits während ihrer Weiterbildung in einer Kita arbeiten, eine enge Abstimmung mit der Praxisanleitung stattfindet und sie das neu erworbene Wissen direkt in der Praxis anwenden können“, freut sich Mira Bernhart, Geschäftsführerin der bbw gGmbH.
Ein Vater kniet vor einer Tomatenpflanze im Garten und zeigt seiner jungen braunhaarigen Tochter etwas an dieser Pflanze.

Modulare Weiterbildung zur Fachkraft an Kitas

Block A – Assistenzkraft in Kindertageseinrichtungen:
Modul 1„Einstieg in eine Tätigkeit in der Kita“
Modul 2 „Assistenzkraft in der Kita“

Block B – Ergänzungskraft in Kindertageseinrichtungen
Modul 3 „Ergänzungskraft in der Mini-Kita“
Modul 4 „Ergänzungskraft in einer bayerischen Kindertageseinrichtung“

Block C – Pädagogische Fachkraft in Kindertageseinrichtungen
Modul 5 „Fachkraft in bayerischen Kindertageseinrichtungen“


Mehr Flexibilität bei der Berufswahl

Teilqualifizierungen und die Vermittlung von spezialisiertem Know-how können in vielen Branchen Fachkräfte sichern. Eine Universalstrategie für alle Berufsbilder sind sie jedoch nicht. Gerade jüngere Menschen wünschen sich von ihrer Ausbildung mehr Flexibilität. 2020 wurden die Ausbildungen zur Alten-, Gesundheits- und Kranken- sowie Gesundheits- und Kinderkrankenpflege in der sogenannten „generalistischen Pflegeausbildung“ zusammengefasst. Das war ein wichtiger Schritt, um die Einsatz- und Entwicklungsmöglichkeiten der Auszubildenden zu verbessern und mehr Menschen für einen Beruf in der Pflege zu interessieren.
An den bfz-Schulen führt die Ausbildungsreform zu einer stetig wachsenden Nachfrage in der generalistischen Pflegeausbildung. Im Auftrag des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) hat sich ein dreijähriges Forschungsprojekt unter der Leitung des f-bb mit den Erfolgsfaktoren und Hindernissen dieser Umstellung auseinandergesetzt. Defizite bestehen demnach aktuell vor allem in der praktischen Anleitung der Auszubildenden – aufgrund des Fachkräftemangels fehlt in den Einrichtungen dafür oft schlicht die Zeit. Hier könnte künftig die gezielte Bereitstellung hauptamtlicher Praxisanleiter helfen, um theoretisches und praktisches Lernen in der Ausbildung stärker zu vernetzen. Zudem empfiehlt die Studie, die Zahl der Weiterbildungsprogramme auszuweiten. So ließen sich flexibel Zusatzqualifikationen erwerben, die optimal auf den neuen Ausbildungsberuf angepasst sind.

Auch wenn die Befragung der Azubis klar bestätigt, dass die neue Ausbildung grundsätzlich mit „gut“ bewertet wird: Der volle Effekt auf die Beschäftigungsquote wird erst in einigen Jahren spürbar sein. Damit bleibt fürs Erste der Handlungsdruck in den Personalabteilungen hoch. Ohne die erfolgreiche Akquise von Fachkräften aus dem Ausland ständen heute wohl viele Einrichtungen vor dem Aus.
Schlaglicht

Digitale Bildung in Afrika

Um speziell für die junge Bevölkerung in Afrika Arbeitsplätze und Einkommenschancen zu schaffen, startete die bbw gGmbH in Zusammenarbeit mit der Bayerischen Staatskanzlei das Projekt „hub4africa“. Die digitale Plattform hilft nicht nur dabei, sich für einen Wunschjob zu qualifizieren oder sich online fortzubilden. Mit mehr als 400 Online-Kursen ist „hub4africa“ auch für Lehrer*innen oder die Personalverantwortlichen in Unternehmen interessant. Sie finden hier praxiserprobte Methoden und Trainingsinhalte für die Weiterbildung. Damit unterstützt die kostenfreie Plattform auch nationale und internationale Unternehmen in Afrika, die dringend gut qualifizierte Arbeitskräfte suchen und junge Menschen ausbilden wollen. Mittlerweile haben sich rund 20.000 Menschen auf „hub4africa“ registriert – vor allem aus Südafrika, Tunesien, Marokko und Kenia. Besonders gefragt sind die kostenlosen Lernmodule zum Erwerb der deutschen Sprache in den Niveaus A1 und A2 sowie die Module zu „Leben und Arbeiten in Deutschland“.

International gesucht

Die Akquise fähiger Fachkräfte wird für Unternehmen immer mehr zur zentralen Herausforderung. Vor Ort und in der Region ist das Potenzial fast ausgeschöpft. Gemeinsam mit ihrem nationalen und internationalen Netzwerk unterstützt die bbw-Gruppe daher die Wirtschaft bei der grenzüberschreitenden Anwerbung von Auszubildenden und Fachpersonal.

Um Fachkräfte aus dem Ausland erfolgreich in den deutschen Arbeitsmarkt zu integrieren, sind vor allem zwei Hürden zu nehmen: die Sprachbarriere sowie die Anerkennung ihres Berufsabschlusses. So müssen beispielsweise Ärzt*innen oder Apotheker*innen für ihre Approbation eine Fachsprachenprüfung vor der Landesärztekammer ablegen. Damit diese gelingt, bieten die bfz spezielle Sprachkurse mit intensiver Vorbereitung auf die anstehenden Tests. Hier werden die Teilnehmer*innen darin geschult, typische Gesprächssituationen in ihrem Berufsalltag zu meistern – von der Patientenaufklärung bis hin zum Fachgespräch im Kollegium.
Seit 2017 haben mehr als 1.000 Personen die beruflichen Sprachkurse für akademische Heilberufe der bfz absolviert. Allein im Jahr 2023 starteten an den beiden Standorten in München und Regensburg 33 neue Kurse für Medizin, Zahnmedizin und Pharmazie. Nach bestandenem Abschluss werden dann mehr als 300 medizinische Fachkräfte ihre Arbeit in Apotheken, Praxen, Krankenhäusern und Gesundheitseinrichtungen antreten können. Wie Olga Hohm wollen sich die meisten Absolvent*innen dauerhaft in Bayern niederlassen.

Sie war im Alter von 50 Jahren aus Kasachstan nach München gekommen und belegte den ersten Kurs der bfz. „Der Berufssprachkurs war sehr wichtig für mich. Ich habe im Juni 2017 mit einem Kurs zur Vorbereitung auf die Fachsprachenprüfung begonnen. Ein Jahr später habe ich sie bestanden und meine Berufserlaubnis erhalten. Im Jahr 2020 habe ich dann die Kenntnisprüfung in Regensburg erfolgreich absolviert“, erklärt Hohm. Seit ihrer Approbation arbeitet sie als Stationsärztin für Orthopädie und Unfallchirurgie in Schaufing.
Schlaglichter

Taskforce Fachkräftesicherung FKS+

Die Taskforce Fachkräftesicherung FKS+ ist Teil der Initiative Fachkräftesicherung FKS+, die im Oktober 2018 von der vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. und der Bayerischen Staatsregierung ins Leben gerufen wurde. Zentrale Aufgabe der Taskforce FKS+ ist es, Unternehmen in ganz Bayern zielgerichtet und kostenfrei bei der Arbeitskräfte- und Fachkräftesicherung zu unterstützen. Das Projekt wird von der vbw und dem Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie (StMWi) gefördert und vom Bildungswerk der Bayerischen Wirtschaft (bbw) gGmbH umgesetzt.

Die Taskforce FKS+ verfolgt den Ansatz „informieren, unterstützen, vernetzen und vermitteln“ und steht Unternehmen mit einem Team von elf Personen, unabhängig von ihrer Größe und Branchenzugehörigkeit, kostenfrei bei folgenden Themen zur Seite: individuelle Bedarfsanalyse, Qualifizierung von Beschäftigten, Beratung zu Fördermitteln sowie zur Digitalisierung und Arbeiten 4.0. Zudem bietet sie Unterstützung bei der Personalgewinnung aus dem Inland, bei der Beschäftigung von Fachkräften aus dem Ausland sowie bei der Integration von Geflüchteten. Neben ihrem umfangreichen Serviceangebot stellt die Taskforce FKS+ auch kostenfreie Online-Veranstaltungen zu verschiedenen Themen bereit.
„Die Unterstützung durch das Programm talentnavigator.ukraine war für mich äußerst wertvoll. Die Zusammenarbeit half mir vor allem dabei, an mich selbst und meinen beruflichen Weg zu glauben. Trotzdem war ich überrascht, wie schnell ich zu einem Online-Vorstellungsgespräch eingeladen wurde. Bei der Vorbereitung hat mir die Talentnavigatorin Anna Lena Schmidt wertvolle Tipps gegeben. Jetzt arbeite ich wieder in meinem Beruf in einem Labormedizinunternehmen.“
Olha Mustafaieva, geflüchtete Mikrobiologin aus der Ukraine

Kurzfristiger 
Einsatz

Mit speziellen Branchenlösungen stellt der Personaldienstleister gps unter der Marke procedo Unternehmen gut ausgebildete Kräfte für den kurzfristigen Bedarf zur Verfügung.
procedo-personalservice.de

Partner für Transfer und Outplacement

Zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit von Unternehmen entwickelt die TRAIN maßgeschneiderte Lösungen für erforderliche Transferprozesse: wertschätzend und respektvoll im offenen Dialog.
train-transfer.de