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Inklusion

Vielfalt fördern, Barrieren  überwinden, Strukturen schaffen 

Fast acht Millionen Menschen in Deutschland leben mit einer Schwerbehinderung. Neben der Belastung durch die Behinderung selbst, sind es vor allem gesellschaftlich-soziale Aspekte, die viele Betroffene als Ausgrenzung erleben – sowohl im privaten Umfeld als auch bei der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und auf dem Arbeitsmarkt.
Dabei kann der Wiedereinstieg ins Berufsleben ganz entscheidend dazu beitragen, dass sich Menschen mit einer Beeinträchtigung leichter in das soziale Leben integrieren und sich nachweislich zufriedener fühlen.

Diversität ist in den vergangenen Jahren für viele Unternehmen zu einer zentralen Säule ihres Wertekanons geworden. Aus ethischen Gründen, aber auch, weil das große Potenzial einer bunten Mitarbeiterstruktur erkannt wurde.

Dank ihres jahrzehntelangen Engagements für die Inklusion und Integration von Menschen mit einer Behinderung oder nach einer Erkrankung verfügt die bbw-Gruppe über eine Vielzahl an Angeboten, um die Menschen wieder in das Berufsleben einzugliedern. Ob intensive Betreuung in spezialisierten Einrichtungen, angepasste Umschulungen und Bildungsprogramme, individuelles Coaching oder persönliche Begleitung: Im Mittelpunkt der Förderung stehen immer die besonderen Bedürfnisse und Fähigkeiten der Betroffenen. Damit für jeden Menschen die passende Lösung gefunden wird, arbeiten interdisziplinäre Teams aus Reha-Expert*innen, Psycholog*innen und Berater*innen eng zusammen.

Individuelle Betreuung: der entscheidende Impuls, um wieder Mut zu fassen

Gerade bei psychischen Erkrankungen wie Depressionen kann eine individuelle Begleitung und Betreuung helfen, festgefahrene Verhaltens- und Reaktionsmuster zu durchbrechen und Stress besser zu bewältigen. Gruppengespräche haben dagegen den Vorteil, dass die Teilnehmer*innen gemeinsam mit anderen Menschen in ähnlicher Lebenssituation ihre Vorstellung von einer neuen Lebensperspektive entwickeln können.

Insbesondere bei psychischen Krisen kann diese Form die richtige Wahl sein. 

Thomas W. hat es erlebt: Sieben Jahre kämpfte er mit einer schweren Depression. Nach einem psychischen Zusammenbruch verschlechterte sich sein Zustand – er konnte nicht mehr arbeiten und verlor seinen Job. Auf der Suche nach Unterstützung wurde er auf die Beruflichen Trainingszentren (BTZ) der bfz aufmerksam. Hier lernte er verschiedene Methoden kennen, um mit belastenden Situationen besser umzugehen und seine Bürokenntnisse auszubauen.
„Durch psychosoziale Betreuung und verschiedene Trainingsangebote habe ich meine Motivation wiedergefunden und meine Interessen und Fähigkeiten gestärkt“, erinnert sich der heute 48-Jährige. Bereits nach sechs Monaten im BTZ konnte Thomas W. als Büroassistent wieder ins Berufsleben einsteigen.

An insgesamt 20 BTZ-Standorten begleiten Sozialpädagog*innen, Psycholog*innen, Berufstrainer*innen und Ergotherapeut*innen Menschen mit einer psychischen Beeinträchtigung auf ihrem Weg zurück ins Arbeitsleben und bereiten schrittweise auf einen Wiedereinstieg in den Beruf vor. Die Dauer hängt vom Betreuungs- und Qualifizierungsbedarf ab.

Dank der engen Kooperation mit regionalen Unternehmen aus den unterschiedlichsten Branchen sind die Jobaussichten der Teilnehmer*innen – wenn sie sich gesundheitlich erholt haben – sehr gut.
Berufliche Trainingszentren (BTZ)

Leistungsangebote der BTZ

Aufbau der gesundheitlichen Belastbarkeit
Aufbau der 
gesundheitlichen Belastbarkeit
Training der psychischen Stabilität
Training der psychischen Stabilität
Steigern der Stressbewältigung
Steigern der Stressbewältigung
Anpassung von Selbst- und Fremdbild
Anpassung von Selbst- und Fremdbild
Übernahme von Eigenverantwortung
Übernahme von Eigenverantwortung
Aneignung effektiver Lernstrategien und Arbeitsmethoden
Aneignung effektiver Lernstrategien und Arbeitsmethoden
Passgenaue, fachliche Qualifizierung
Passgenaue, fachliche Qualifizierung
Einüben der Arbeitnehmerrolle
Einüben der Arbeitnehmerrolle
Nach einem Unfall per Umschulung zurück ins Berufsleben.

Reset: online in den neuen Beruf

In vielen Fällen ist nach einer Erkrankung oder nach einem Unfall die Rückkehr in den erlernten Beruf nicht ratsam oder schlicht nicht möglich. Eine Umschulung oder Weiterbildung bietet dann die Chance auf einen Neustart in einem anderen Tätigkeitsbereich, der den eigenen Interessen und Fähigkeiten entspricht. Dass dies heute auch online möglich ist, wird von vielen Rehabilitand*innen als große Entlastung empfunden.

Mit LOU!S – dem Live-Online-Unterricht mit individuellem Support – bieten die bfz ein umfangreiches Portfolio an Weiterbildungs- und Umschulungsmöglichkeiten, von kaufmännischen Berufen über die Logistik bis hin zur IT. Parallel zu den Lernprogrammen werden die Teilnehmer*innen mit individuellen Reha-Maßnahmen und Coachings begleitet.
„Ich bin auf die Umschulung zur ,Kauffrau für Büromanagement‘ bei meiner Rehabilitation in den bfz gestoßen. Das Online-Angebot ermöglicht mir, Familie und Umschulung unter einen Hut zu bekommen. Von zu Hause aus kann ich meinen Lernfortschritt flexibel gestalten und meine Zeit effizient nutzen“, erzählt Melanie G., Reha-Teilnehmerin in den bfz. „Gleichzeitig lerne ich, in der Reha-Betreuung mit Konfliktsituationen umzugehen, und entwickle wichtige Soft Skills wie Belastbarkeit und Selbstorganisation. Diese sind nicht nur für meinen neuen Beruf, sondern auch im Alltag von unschätzbarem Wert.“

MAut: Brücke zur Teilhabe

Inklusion bedeutet, individuelle Barrieren zu überwinden und Strukturen zu schaffen, die jedem einzelnen Menschen gerecht werden und zu seiner Lebenssituation passen. Bestimmte Beeinträchtigungen erfordern daher spezifische Angebote, die exakt auf die besonderen Bedürfnisse der Betroffenen ausgerichtet sind.

Damit beispielsweise Menschen mit Autismus-Spektrum-Störungen (ASS) am Arbeitsmarkt eine Chance erhalten, gründete die gfi vor mehr als 20 Jahren das Integrationszentrum „Menschen mit Autismus“, kurz „MAut“. 2023 wurden an den drei Standorten München, Ingolstadt und Erlangen über 100 junge Menschen ausgebildet oder in einer berufsvorbereitenden Maßnahme betreut. Und das mit Erfolg: Denn nahezu alle haben bislang nach ihrem Abschluss eine Anstellung gefunden. MAut-Absolvent Philipp Kumitz hat es in der Abschlussprüfung für Fachinformatik/Systemintegration 2023 sogar auf die höchste Punktzahl aller Prüflinge aus ganz Bayern geschafft.
„Wenn die jungen Menschen zu uns in die Ausbildung kommen, bringen sie oft bereits fachliche Vorkenntnisse mit. Diese haben sie aus betrieblichen Praktika und Berufserprobungen, die vor oder während der berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme (BvB MAut) absolviert werden. Durch unsere intensive und individuelle Unterstützung und die Zusammenarbeit mit dem Inklusionsteam der Berufsschule können sie ihr ganzes Potenzial entwickeln“, betont die stellvertretende Leiterin von MAut, Rasa Lebouc.

Mit zusätzlichen Angeboten in den Bereichen Sozialtraining, Freizeit, Wohnen, Beratung und Fortbildung bietet MAut auch Hilfestellung bei der Vorbereitung auf ein selbstständiges Leben und eine gleichberechtigte Teilhabe in der Gesellschaft.

win: Pionierarbeit in der Inklusion

Ein Pokal für die erfolgreiche Pionierarbeit der win im Bereich Inklusion
Die win – wir integrieren gGmbH – ist ein integratives Dienstleistungszentrum mit Sitz in Würzburg. Seit ihrer Gründung vor rund 25 Jahren hat sich das Unternehmen zu einem Vorbild für gelebte Inklusion entwickelt: Heute arbeiten im Team der win über 430 Menschen – rund die Hälfte mit einer psychischen oder physischen Beeinträchtigung – gleichberechtigt Seite an Seite. Vor allem bei der Gebäudereinigung, der Grünanlagenpflege oder bei Hausmeisterdiensten sind die win-Services bayernweit gefragt.
Schlaglicht

Mit Aufklärung die
Inklusion voranbringen

Ungeklärte Fragen von Arbeitgebern zählen zu den größten Barrieren auf dem Weg zu einer inklusiven Gesellschaft. Gerade in mittelständischen Unternehmen herrscht viel Unsicherheit darüber, wie sie Menschen mit Behinderung in ihre Teams eingliedern können: „Müssen Arbeitsplätze umstrukturiert werden?“, „Gibt es Ausgleichsmöglichkeiten für behinderungsbedingte Ausfälle?“, „Welche Zuschussmöglichkeiten können beantragt werden?“

Um die Inklusion am Arbeitsplatz zu fördern, wurden 2022 unter der Strukturverantwortung der Integrationsämter die Einheitlichen Ansprechstellen für Arbeitgeber (EAA) ins Leben gerufen. In Hamburg und Berlin, im Rheinland und in der Region Schweinfurt beraten die faw und gfi als EAA Unternehmen, die Menschen mit Behinderung beschäftigen möchten. „In Zeiten des Fachkräftemangels ist es eine gute Möglichkeit, motivierte Menschen mit Handicap einzustellen“, so Lena Unfried, Projektleiterin der EAA in Berlin. Oft gebe es aber zu viele Hürden, vor denen die Betriebe zurückschrecken. „Hier wollen wir beraten und informieren. Das Wichtigste jedoch: Wir zeigen den Firmen die vielen Vorteile einer Einstellung von Menschen mit Behinderung auf.“ Die EAA klären Fragen zur Beschäftigung, zum Recruiting oder zu Ausbildungsmöglichkeiten und unterstützen Arbeitgeber bei der bedarfsgerechten Arbeitsplatzgestaltung und der Beantragung finanzieller Leistungen.